Rauf auf die Verkaufsbühne
Mit 25 Jahren und mehr Haaren war ich ein motivierter, junger Account Manager, der bei Alcatel Schweiz AG durchstarten wollte. Meine Energie war grenzenlos, mein Selbstbewusstsein hoch und mein Ehrgeiz unersättlich. Die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Key Account Manager in seinen Sechzigern war jedoch eine Realitätsschock. Er war gelassen, überlegt und methodisch – alles, was ich mit meiner chaotischer Begeisterung nicht war.
Unsere Aufgabe war es, Telekommunikationslösungen für die letzte Meile bis zum Gebäudeanschluss zu verkaufen. Es ging dabei nicht nur um technische Argumente, sondern vor allem um Beziehungen. Während ich den „Schrotflinten“-Ansatz verfolgte und versuchte, möglichst viele Ziele zu treffen, wählte er die „Zielfernrohr“-Methode und konzentrierte sich mit Präzision auf eine Gelegenheit nach der anderen. Unsere Dynamik war ein Kontrast, aber auch eine Synergie. Während ich vorauspreschte, folgte er mit ruhiger Gewissheit und zeigte mir, dass der Schlüssel zum Erfolg nicht darin liegt, Dinge schnell zu erledigen, sondern sie richtig zu machen.
Schon bei unserem ersten gemeinsamen Kundentermin wurde klar, dass ich noch viel zu lernen hatte. Es war für mich ein Augenöffner. Es ging nicht nur um Techniken oder Kennzahlen – es ging darum, Menschen zu verstehen. Unsere unterschiedlichen Stile legten den Grundstein für eine Reise, auf der ich die wahre Kunst des Verkaufs entdecken sollte.
Unterschiedliche Stile und Lernmomente
Die erste Lektion kam bei einem Treffen mit dem CEO eines potenziellen Kunden. Ich war mit einer lebhaften Präsentation, voller Energie und Selbstbewusstsein, bereit, zu beeindrucken. Als wir uns in den modernen Konferenzraum setzten, startete ich mit Begeisterung und präsentierte alle technischen Vorteile unserer Lösung. Ich dachte, ich sei grossartig, doch die ruhige Haltung meines Mentors deutete auf etwas anderes hin. Als ich eine Pause machte, lenkte er das Gespräch sanft in eine andere Richtung und fragte den CEO nach der langfristigen Vision und den Herausforderungen seines Unternehmens. Es folgte eine 30-minütige Diskussion, die nichts mit unseren Produkten, sondern alles mit Beziehungspflege zu tun hatte. Als ich beobachtete, wie der CEO auftaute, wurde mir die Bedeutung des Beziehungsaufbaus bewusst. Es ging nicht darum, sofort zu verkaufen, sondern darum, zu verstehen und eine persönliche Verbindung herzustellen.
Ein weiteres prägendes Erlebnis war eine langwierige Verhandlung mit einem vorsichtigen Kunden. Wochen wurden zu Monaten, und ich wurde ungeduldig und wollte den Abschluss forcieren. Mein Mentor riet jedoch zur Geduld. „Vertrauen braucht Zeit“, erinnerte er mich. Seine Worte bewahrheiteten sich: Unsere stetige, druckfreie Kommunikation führte schließlich dazu, dass der Kunde uns sein Vertrauen schenkte. Als er schließlich unterschrieb, fühlte sich der Deal solide an – aufgebaut auf gegenseitigem Respekt statt auf übereilter Überzeugung. Diese Erfahrung lehrte mich, dass ein schneller Erfolg nicht immer das beste Ergebnis ist; dauerhaftes Vertrauen ist wichtiger.
Der vielleicht wichtigste Moment war, als mein Mentor mir die volle Verantwortung für den Abschluss eines Geschäfts übergab. Es war eine bedeutende Gelegenheit, und die Verantwortung war nervenaufreibend. Trotzdem stand er an meiner Seite und ermutigte mich leise. Ich bereitete mich gründlich vor und kombinierte meine Energie mit der Präzision, die ich bei ihm beobachtet hatte. Während der finalen Präsentation bemerkte ich eine Veränderung an mir: Ich verkaufte nicht nur, ich kommunizierte, hörte zu und passte meinen Ansatz an die Situation an. Als der Abschluss gelang, war es nicht nur ein beruflicher Triumph, sondern auch ein persönlicher Meilenstein.
Diese Momente unterstrichen eine zentrale Wahrheit: Technisches Wissen ist wichtig, aber es ist zweitrangig im Vergleich zum Aufbau starker Beziehungen. Kunden schätzen Partner, die zuhören und sie als gleichwertig behandeln, ihre einzigartigen Herausforderungen verstehen und nicht nur mit Expertise glänzen wollen. Diese Erkenntnis veränderte meine Sichtweise auf den Vertrieb und legte den Grundstein für Wachstum und Erfolg.
Die wichtigsten Lektionen
Rückblickend habe ich drei zentrale Lektionen aus dieser Erfahrung gezogen, die meinen Ansatz im Vertrieb geprägt haben:
1. Beziehungsaufbau und Vertrauen sind die Eckpfeiler des Erfolgs.
Verkauf ist mehr als nur eine Transaktion – es geht um Partnerschaften. Kunden entscheiden sich für Menschen, denen sie vertrauen, und dieses Vertrauen wird durch konsequente, authentische Interaktionen aufgebaut. Die Fähigkeit meines Mentors, echte Verbindungen herzustellen, öffnete Türen, die selbst die besten technischen Präsentationen nicht öffnen konnten.
2. Zuhören ist eine Super-Power.
Zu Beginn war ich darauf aus, mich durch Reden zu beweisen – Ideen vorzustellen, Produkte zu erklären und Argumente vorzutragen. Mein Mentor zeigte mir die ruhige Kraft des sich-Zurücknehmen und des aktiven Zuhörens. Zuhören demonstriert nicht nur Respekt, sondern offenbart auch wertvolle Einblicke, die bedeutungsvolle Lösungen ermöglichen.
3. Mentoring ist unbezahlbar.
Kein Lehrbuch oder Schulungsprogramm hätte die Lektionen ersetzen können, die ich im Job gelernt habe. Die Anleitung meines Mentors kombinierte Weisheit mit Ermutigung. Er gab mir den Raum, zu wachsen, die Unterstützung, Risiken einzugehen, und die Werkzeuge, erfolgreich zu sein. Für junge Verkäufer ist ein Mentor nicht nur ein beruflicher Vorteil, sondern ein Katalysator für persönliches Wachstum.
Diese Lektionen gehen über den Verkauf hinaus. Sie handeln von menschlicher Verbindung, Kommunikation und dem Lernen von denen, die den Weg vor einem gegangen sind. Sie erinnern mich daran, dass jede Interaktion eine Gelegenheit ist, zu wachsen, und dass Erfolg auf Vertrauen und Zusammenarbeit aufbaut.
Meine erste Verkaufserfahrung war eine Lektion in Wachstum, Beziehungen und Ausgewogenheit.
Sie zeigte mir, dass Erfolg im Vertrieb nicht nur von jugendlicher Energie oder erfahrener Weisheit abhängt, sondern von der Synergie beider. Vertrauen und Verständnis aufzubauen braucht Zeit und Geduld, aber die Ergebnisse sind transformativ.
Unternehmen können unglaubliches Potenzial freisetzen, indem sie junge Fachkräfte mit erfahrenen Mentoren zusammenbringen. Junge Verkäufer bringen Begeisterung und frische Perspektiven, während erfahrene Mentoren unschätzbare Einblicke und Stabilität bieten. Gemeinsam schaffen sie eine Dynamik, die Innovation fördert und bedeutsame Verbindungen aufbaut.